Luzies zweite Chance

Rezension von Larper

Luzie kann es immer noch nicht fassen. Es ist Freitagmorgen und sie wacht neben Nadine auf. Eigentlich ist das nicht ungewöhnlich. Denn schließlich hat ihre beste Freundin bei ihr übernachtet. Doch sollte nicht bereits Samstag sein? Zuerst ungläubig staunend, dann immer mehr ihre Chance witternd, beginnt Luzie den Tag so zu gestalten, wie sie ihn sich vorstellt. Leider kann sie nicht verhindern, dass ihre Mama sich schon wieder mit Kaffee begießt und so ihren besten Rock zum zweiten Mal ruiniert. Aber da ist ja noch mehr – etwas viel Wichtigeres. Zunächst gilt es, das Fußballspiel gegen die 4b zu gewinnen. Das ist wirklich wichtig, denn Sieg oder Niederlage entscheiden über den Fortbestand der Freundschaft mit Nadine. Auch darf sie nicht den kleinen Jungen mit der riesigen Torte vergessen; ihm muss sie diesmal auf jeden Fall aus dem Weg gehen. Eigentlich hätte Luzie wirklich keinen Grund sich zu wünschen, diesen verflixten Freitag noch einmal zu erleben. Aber sie begreift recht schnell, dass es vielleicht auch eine Chance sein kann – Luzies zweite Chance. Und diesmal wird alles gut – hoffentlich.

Die Autorin bedient sich einer bekannten Art der Zeitreise. Ein Mensch erhält die Gelegenheit ein Missgeschick in der Vergangenheit wieder gut zu machen und so positiv sein Leben, aber auch das anderer Menschen zu verändern. Einer der bekanntesten Vertreter diese Genres ist sicher der Film „Und täglich grüßt das Murmeltier“. Nina Petrick erzählt in einem plauderhaften Ton. Man hat das Gefühl, dass Luzie selbst ihre Geschichte einer Freundin oder dem Tagebuch anvertraut. Dabei sind diese Tagebuchschilderungen aber nie langweilig. Stets mit einer Portion Humor erlebt der Leser Luzies Abenteuer auf eine rasante Art und Weise. Anfangs ist die Handlung etwas zu rasant und durch die verschiedenen Zeitebenen etwas verworren. Denn von einem Kapitel zum anderen wechselt die Autorin zwischen Vergangenheit und Gegenwart oder bereits in die Zukunft. Dadurch erlebt der Leser die Geschehnisse nicht in chronologischer Reihenfolge sondern fast parallel nebeneinander. Nach einigen Kapiteln findet man sich dann aber im Gewirr der Zeitabläufe gut zurecht und kann genüsslich beobachten, wie Luzie von einem Fettnäpfchen ins nächste tappt. Ihr passieren so viele Missgeschicke, dass man einfach Mitleid mit ihr haben muss. Schlussendlich geht es aber nicht um die vielen Kleinigkeiten, sondern um die große Freundschaft zwischen den beiden Mädchen. Luzie bedeutet diese mehr als alles andere und so stürzt sie sich zunächst unwissend aber voller Tatendrang in das Abenteuer Zeitreise.

Etwas ungewohnt befindet sich das Inhaltsverzeichnis am Ende des Buches. So dass es für einen Überblick über die Geschichte empfehlenswert ist, erst einmal ein Tabu zu brechen und zunächst die letzten beiden Seiten zu lesen. Für Lesepausen sorgen die im Text verteilten Bilder, welche jedoch sicher nicht jeden Geschmack treffen. Denn an Stelle von realistischen Illustrationen verwandelt Stefanie Harjes das Geschehen mit ihren Zeichnungen teilweise ins Surreale. So etwa, wenn die Mädchen als in einem Käfig gefangene Vögel dargestellt werden. Die Bilder illustrieren damit weniger die Handlung als beschreiben vielmehr die damit verbundenen Gefühle und Emotionen.

Fazit: Eine nette Geschichte darüber, wie schwer es manchmal ist um eine Freundschaft zu kämpfen. Die Zeitreise ist nur schriftstellerisches Mittel, um dies darzustellen. Selbst wird sie nicht thematisiert. Im Gegenteil: manchmal bedarf es mehr als nur einer zweiten Chance. Eine Frage bleibt zum Schluss: Gibt es so etwas wie Schicksal?