„Heimweh nach der Traurigkeit“ – Die Zeit
Nina Petricks präzise Geschichte eines Berliner Mädchens“ Die Zeit, Nr. 43, Konrad Heidkamp, 17. Oktober 1997 Sie küßt Tim und denkt beim Radfahren nach Hause an Florian. Aber am nächsten Tag? Sie küßt Florian und vergißt Tim (beinahe). Aber am nächsten Tag … Die vierzehnjährige Anna schwankt zwischen „verliebt“ und „mögen“, findet beides aufregend, hangelt sich von einem Schlechtes-Gewissen-Anfall zum nächsten, versucht sich zu entscheiden und hört sich dann nur „ja“ sagen. Die Eltern stehen wieder einmal kurz vor der Trennung, Annes langjährige Freundin Caro fliegt und zieht zu ihrem Vater in die USA, die Großeltern bilden die letzte Sonntagsessen-Bastion, die Mütter haben Angst vor dem Bürgerlichsein und flüchten sich in Edding-Sprüche: „Wir werden nicht erwachsen, sondern nur älter.“ Der Ton ist anders. Nina Petrick, 1965 geboren, Pionierin der ersten antiautoritären Kindergartengeneration Berlins, vermeidet coolen Schnodderklang und Larmoyanz, schreibt sparsam und genau und liebevoll am Leben entlang. Sie nennt die Namen der U-Bahnstationen, die Titel der Filme und Musikstücke, um die Zeit festzuhalten und die Gefühle einzuordnen, nicht als Ersatz für fehlende Atmosphäre. Und in all den Verwirrungen …