"Charlie und die Halstuchbande"

Rezension von Büchereule (magali) 11.01.2008

In einem Moment ist Charlies – Charlottes – Leben das einer ganz normalem Zehnjährigen, im nächsten schon wirbelt alles durcheinander. Die Eltern sind auf einmal gereizt, weil sie im Beruf Probleme haben, und streiten oft, Tante Lilli ist frisch verliebt und erzählt nur noch von ihrem Frank, Charlies beste Freundin Anuschka ist immer noch krank und eine neue Schülerin, Hanna, kommt in die Klasse. Als ob das für eine geplagte Zehnjährige nicht genug wäre, beginnt auch noch der Ärger mit Ronny Baziller, genannt Bazille, und seiner Bande mit den grünen Halstüchern. Die etwas älteren Schüler erpressen auf einmal ziemlich gewalttätig Schutzgelder von den Kleinen. Das ist übel.

Charlie und einige ihrer Freunde, neue wie alte, versuchen, sich gegen die Halstuchbande zusammenzuschließen, aber das ist nicht so einfach. Die Mitglieder der Bande sind größer, stärker und offenbar schlauer. So allmählich aber fallen Charlie merkwürdige Dinge auf. Tante Lillis Neuer, Frank, ist Antiquitätenhändler, aber was hat der mit Bazille zu schaffen? Und warum hört die Halstuchbande plötzlich auf, die Kleinen zu plagen? Was haben die größeren Schüler vor?
Charlie beschließt, Detektivin zu spielen und zieht ihre Freundinnen und Freunde mit. Sie beschatten, sie lauschen, sie kombinieren und kommen einer tollen Sache auf die Spur. Es wird sogar ziemlich gefährlich. Und der Schluß ist tatsächlich der Höhepunkt.

Dieser Kinderkrimi ist so ziemlich rundum gelungen. Charlie selbst erzählt die Geschichte, mit einer herzerwärmenden Mischung aus Anstand und Schnoddrigkeit. Erzählt wird im Präsens, was zur Lebendigkeit der Schilderung nur beiträgt. Die Geschichte ist äußerst schwungvoll präsentiert.

Obwohl sehr viel in die Geschichte hineingepackt wurde, von Familienproblemen bis zu Gewalt unter Kindern und echte Kriminalität, sind die Fäden mit sicherer Hand geführt und geschickt verknüpft. Angst, Hilflosigkeit, Schrecken und Wut sind gut zu fühlen, ebenso wie die Neugier, Spannung und der rasche Wechsel zwischen Zuneigung und Eifersucht, die Kinderfreundschaften bestimmen können. Der Schluß ist sanft gehalten, der Zielgruppe angemessen, ebenso wie die Schilderungen des Verhältnisses zu den Eltern. Auch wenn viel Wert darauf gelegt wird, zu zeigen, daß Kinder selbständig agieren können, finden sie ihren sicheren Hafen dann zuletzt doch bei Mutter und Vater, obwohl diese alles andere als perfekt sind.

Gelungen sind auch die Illustrationen von Barbara Scholz, eigentlich Vignetten über jedem Kapitel. Man sieht jeweils im Vordergrund in klarem Schwarz und Weiß einen Teil der Handlung, sozusagen im Hier und Jetzt, im Hintergrund aber als Schattengestalt all das, was die Probleme und Gefahren auslöst. Das Prinzip wird zweimal durchbrochen, aber auch das hat seinen guten Grund in der Handlung der Kapitel. Bei Kapitel 18 habe ich spontan aufgelacht, Nemo läßt grüßen. Sehr, sehr schön gemacht.

Sehr empfehlenswertes, spannendes und gut geschriebenes Buch für junge Krimileserinnen und – leser. Auch Erwachsene können daran durchaus ihren Spaß haben.

Rezension von Büchereule (magali) 11.01.2008
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